– Jetzt verstehe ich warum man eine Fahrradtour um die Welt unternimmt oder über Jahre zum Zelten wegbleibt.
Das sagte Galina, die Teilnehmerin der letzten Regatta-Etappe „The Tall Ships Races“, nachdem eine Dusche neben dem Anlegeplatz von der „Shtandart“ entdeckt wurde und alle sich waschen konnten. Während der Regatta wurden Wassersparmaßnahmen eingeführt. Man konnte sich entweder im kalten salzigen Wasser der Ostsee oder mit dem Wasser aus dem Feuerschlauch waschen. Oder unter dem Regen. Nach dieser Erfahrung kommt eine normale Dusche einem wie ein Wunder vor. Dabei bietet die „Shtandart“ sonst keine schlechten Bedingungen: es gibt leckeres Essen, Fernseher und Laptops, viel Platz und viel Trinkwasser.

Die „Shtandart“ beendete die Regatta in Stettin und feierte mit anderen Teilnehmern ein dreitägiges Fest vom 3. bis zum 6. August. Feuerwerk, Parade und Crew- Party - das sind die üblichen Bestandteile eines Segelevents. Aber Stettinist es gelungen, alle Erwartungen zu übertreffen.
Wie Sie bereits wissen, wird jedem Schiff bei jeder Regatta ein “liaison officer“ zugewiesen,- eine Person, die als Verbindung zwischen den Veranstaltern und Schiffsmannschaften agiert. Über unseren polnischen „liaison“ wurde bereits lange vor unserer Ankunft gesprochen. „Christophor ist ein toller Mensch, mit ihm ist es immer schön an Bord“; „Ein Alleinunterhalter, er ist wunderbar“. Als die„Shtandart“ endlich in Stettin anlegte, konnte man vom Ufer ein berühmtes Lied laut vorgesungen hören: „Wenn Sie nur wüssten, wie ich die Moskauer Abende liebe...“ Vor der Crew erschien ein Mann mit einem runden lächelnden Gesicht, der einen genauso rundes Brotleib in den Händen hielt.



Die meisten Segelschiffe wurde nicht dafür gebaut, Wettrennen zu fahren oder komplizierte Manöver auszuführen. Viel wichtiger ist ein anderes Ziel: Herstellung und Pflege der internationalen Freundschaftsbeziehungen und kultureller Austausch. Dafür werden Paraden, Partys, sportliche und intellektuelle Wettbewerbe organisiert und Schiffe werden zur Besichtigung geöffnet. Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation - dass ist das Hauptziel der Regatta. Es kommen Touristen, Einheimische und Mannschaften anderer Schiffe an Bord der „Shtandart“. Unsere Lieblingsgäste sind Reenactors. In Stettin besuchten polnische Anhänger der Wikinger-Epoche das Schiff. Sie kamen zum Fest auf eigenen Wikinger-Booten und zelteten nebenan. Einer der Wikinger war besonders gesprächig:
- Unser Kapitän hat das Boot mit Liebe gebaut und somit bekam das Schiff seine eigene lebendige Seele. Für den Kapitän war das Boot ein lebendes Wesen, eine Frau, eine Liebe. Hier in Stettin haben viele schöne, gute Schiffe angelegt. Aber wenn man auf ihr Schiff steigt, spürt man sofort, dass es etwas besonderes ist, dass es eine Seele hat. Der Grund dafür - eine besondere Beziehung zwischen dem Kapitän und dem Schiff.

Die Crew-Mitglieder von der „Shtandart“ haben viele Schiffe besichtigt, doch von zwei Schiffen waren sie besonders beeindruckt: vom schwedischen „Götheborg“ und arabischen „Shabab Oman“. Auf dem „Götheborg“ erhielten wir eine VIP - Führung ins Innere des Schiffes. Auf dem „Shabab Oman“ war man mit uns so freundlich, dass allen klar wurde, warum sie den Haupt-Preis der Regatta «Friendship Tropfy» bekommen haben.

Wenn kein Besuch an Bord war, so widmete man die freie Zeit der Reparaturarbeiten am Schiff: es wurde geputzt, repariert, geschrubbt, genäht...

Außerdem fand in Stettin ein für die „Shtandart“ wichtiges Ereignis statt: ans Schiff wurden Schmuck-Kränze gebracht. In der Beschreibung des Schiffes zu Zeiten Peters des I. findet man folgende Worte: „An den Bordwänden entlang werden die Kanonenpforten mit geschnitzten Kränzen, durchflochten mit Bänden, geschmückt“. Der Kapitän klärte uns über die Geschichte der Kränze der „Shtandart“ auf.


… Am Land kann man sich duschen, in der Stadt spazieren gehen, mit anderen Schiffsmannschaften plaudern. Jeden Tag werden an Bord frische Brötchen geliefert.
Die „Shtandart“ liegt schon drei Tage lang im Hafen und die Crew fängt an, sich zu langweilen. Das Crewmitglied Mascha fragt: „Wie lange fährt man bis nach Rostock? Wie? Nur einen Tag? Ich würde so gerne länger auf See bleiben!“
Nun macht sich die „Shtandart“ wieder auf den Weg: von Polen nach Deutschland, nach Rostock.
Die „Shtandart“ sehnt sich nach dem Meer, als ob es dort Ruhe gäbe... (Ein berühmtes Gedicht von Lermontov „Segel“, 1832)
Elena Palenova
